Kein Baum ist wohl mehr Sinnbild für den Niederrhein als die Kopfweide. Mit ihren typischen buschigen Kronen ist sie nicht aus unserer Landschaft wegzudenken. Auch in Lank-Latum ist die Kopfweide vielerorts anzutreffen. Man findet sie entlang der Pappelallee, am Latumer See und an vielen weiteren Orten. Kopfweiden sind nicht nur einfach Bäume – sie sind vielmehr ein echtes Kulturgut.

Kopfweide Artikel 1

Geschichte der Kopfweide

Die Geschichte dieser Bäume führt weit zurück in die Zeit um Christi Geburt. Nachwachsende Rohstoffe aus der Umgebung waren für viele Menschen die Lebensgrundlage. Die Eigenschaften der Weide, schnell zu wachsen und vielfältig einsetzbar zu sein, wurden sehr geschätzt. Ihre biegsamen Äste wurden zu Körben, Zäunen, Reusen und Rankgittern geflochten, ein Handwerk, das heute fast ausgestorben ist. Der Namen „Weide“ weist schon darauf hin. Er hat seinen Ursprung im Althochdeutschen und bedeutet „die Biegsame“. Wände wurden in Verbindung mit Lehm aus den Ruten errichtet und das weiche Holz wurde zu Zäunen verarbeitet oder als Brennstoff genutzt.

Heute ist ihr charakteristisches Aussehen, der kurze knorrige Stamm, der dicke Kopf und die vielen austreibenden Äste typisch für das niederrheinische Landschaftsbild.

Nutzung der Kopfweide

Bei der Kopfweide handelt es sich jedoch nicht um eine bestimmte Baumart. Sowohl die Silberweide (Salix alba) als auch die Korb-Weide (Salix viminalis) können als Kopfweiden genutzt werden. Der Stamm wird auf 2-3 Meter abgesägt, so dass an der Schnittstelle neue Triebe ausschlagen, der sogenannte Stockausschlag. Im Laufe der Zeit verdickt sich der oberste Abschnitt des Stammes, es entsteht der sogenannte „Kopf“ der Weide. Ist eine Weide einmal so geschnitten wor- den, muss sie regelmäßig gepflegt werden. Alle 3-10 Jahre ist ein neuer Schnitt notwendig. Die Äste von Weiden wurden früher häufig als Pfähle für das Errichten von Weidezäunen benutzt. Die enorme Regenerationsfähigkeit der Weiden wurde dabei jedoch unterschätzt. Die Pfähle trieben aus und wuchsen zu neuen Bäumen heran. Aus diesem Grunde stehen Kopfweiden manchmal wie auf einer Perlschnur aufgezogen in einer Reihe.

Kopfweide Artikel 2

Die wirtschaftliche Bedeutung der Kopfweide ist heutzutage verschwindend gering. Doch die Kopfweide bietet mit ihren vielen Hohlräumen seltenen Tieren Lebensraum. Ihre Anfälligkeit für Fäulniserreger lässt immer mehr Hohlräume entstehen. So finden Tiere wie Siebenschläfer, Fledermäuse und Steinkäuze hier Schutz und Nistplätze. Durch ihre hohe Regenerationsfähigkeit wächst sie, selbst wenn sie nahezu ausgehöhlt ist, weiter. Die früh im Jahr blühenden Bäume bieten den ersten Bienen und Schmetterlingen wertvollen Nektar und Pollen. Das ist auch der Grund, warum nicht alle Weiden eines Bestandes in einem Jahr geschnitten werden, sondern meist abwechselnd. So bleibt den Insekten immer genug Nahrung. Auf der längsrissigen Rinde, den Trieben und Blättern sind rund 400 Insektenarten zu Hause.

Die Kombination aus altem mulmigem Holz und jungen Trieben mit vielen Blüten macht die Kopfweide zu einem einzigartigen intakten Ökosystem in nur einem Baum. Der Nektar der Kätzchen ernährt verschiedene Insekten und der Baum bietet den Vögeln gegen natürliche Feinde Unterschlupf und Nistmöglichkeiten.

Und auch für den Menschen spielt die Weide als Heilpflanze seit jeher eine wichtige Rolle. Die Wirkung des in der Rinde enthaltenen Salicin war schon den alten Griechen bekannt. Doch erst 1897 gelang Chemikern aus dem Rheinland die Reinsynthese von Acetylsalicylsäure (ASS). Zwei Jahre später wurde Aspirin von Bayer als Warenzeichen angemeldet. Doch leider werden die Kopfweiden seltener, da die Pflege aufwendig und die Ernte überflüssig geworden ist. Oft ersetzen preiswerte Kunstfasern die Weidenruten. Meistens muss inzwischen die Pflege von Naturschutzorganisationen übernommen werden, die sich für den Erhalt der Kopfweiden als Lebensraum einsetzen.

Dieser Artikel wurde zuerst im Bott 2020 veröffentlicht. Den ganzen Bott in diesem Jahr können Sie hier lesen.

Kopfweide Header
Unser Titelbild zeigt Kopfweiden in Lank-Latum

Externe Informationen zum Artikel Kopfweiden

Downloads zum Artikel Kopfweiden

Bildnachweis zum Artikel Kopfweiden

alle Bilder
Kopfweiden in Lank-Latum von Birgit Wieler-Jansen

Nach oben scrollen
Skip to content