Die Lücke zwischen den bis 1910 selbständigen Gemeinden Lank und Latum sollte sich nach dem Willen der Gemeindeväter mit repräsentativen Gebäu­den füllen. So baute man dort das Armen- und Krankenhaus, das Postamt, die neue Volksschule, die Amtssparkasse und 1922 auch das Kriegerdenkmal. Der Platz davor, der auch als Kirmesplatz diente, wurde „Denkmalplatz“ genannt.

Das HJ-Heim

Im Jahre 1935 forderte die Reichsjugendführung der Hitler-Jugend die Ge­meinden im Deutschen Reich auf, Heime für die Staatsjugend zu bauen. Wie im NS-Staat nicht anders zu erwarten, war diese Aufforderung für viele Gemeinden ein Befehl. So fand der Appell des „obersten Schirmherrn der deutschen Jugend mit dem Reichsjugendführer Baldur von Schirach“ wie vielerorts auch in unserem Amt freudigsten Widerhall.

Unverzüglich wurde der Plan, ein nationalsozialisti­sches Heim für unsere Lanker Jungen und Mädel zu errichten, in Angriff ge­nommen.“ So konnte es Bürgermeister van Beek in seiner Einweihungsrede am 28.10.1938 schildern. Zunächst aber galt es, einige Schwierigkeiten zu überwinden. Es entstand der Plan, den Umbau des früheren Elektrizitätswerks zu einer Turnhalle mit dem Neubau des HJ-Heims zu verbinden. Der Architekt Hans Knickenberg, vor und nach dem Krieg vielbeschäftigter Amtsplaner, plant einen zweigeschossigen Anbau im hinteren Bereich der heutigen Turnhalle.

Aus „Zweckmäßigkeits­gründen“ wird dieser Plan nicht weiter verfolgt, obschon beide Projekte zu­sammen nur 42.500 Mark kosten sollen. Zunächst wird nur der Umbau zur Turn­halle durchgeführt. Die HJ zeichnete weitgehend für die Planung verantwortlich. Sie besorgte auch den Architekten, Dr. Walter Köngeter aus Düsseldorf. In seiner Baube­schreibung lesen wir:

„Das HJ-Heim ist in Lank-Latum an der Adolf-Hitler-Str. in einer Grünanlage geplant. Auf dem Grundstück sind vorhanden: eine Turnhalle mit Brauseräumen, Aborte für Jungens, ein
Fahrradschuppen und eine Transformatorenstation. Das HJ­-Heim ist quer zur Turnhalle gestellt, so daß sich zur Straße hin ein Appellplatz ergibt und daß die kleineren Nebengebäude durch den Baukörper des HJ-Heimes und durch eine Verbin­dungsmauer vom Heim zur Turnhalle verdeckt werden. Ferner ist in der Grünanlage noch ein Gefallenen-Denkmal vorhanden, welches an die Straße versetzt werden müßte …. „

 

Das Heim sollte im Erdgeschoß zwei „Scharräume“ für die HJ, dazu ein Führer­zimmer und eine Halle für Appelle enthalten. Im Obergeschoß sollten zwei Scharräume für den B.D.M. (Bund Deutscher Mädel) und ein Führerzimmer eingerichtet werden. Das Haus war nicht unterkellert und hatte keinerlei sanitäre Anlagen. Die Toiletten befanden sich in einem separaten Abort­gebäude hinter dem Heim.

 

Die Bauzeit betrug nur 7 Monate von Februar bis September 1938. Die Maurer­arbeiten wurden von der Fa. Rostek & Pesch, die übrigen Arbeiten durchweg von örtlichen Handwerksbetrieben ausgeführt. Mit Gesamtbaukosten in Höhe von 37.150,06 RM wurden die veranschlagten Kosten noch um 1.429,94 RM unterboten. In einem Nachtrag in Höhe von 1.529 RM bittet die Amtsverwal­tung deshalb die Zuschußbehörde um die Auszahlung des vollen Zuschusses. In diesem Nachtrag werden neben der Abortanlage noch folgende Positio­nen aufgeführt:

Bilder vom Führer und Baldur v. Schirach:         108,–  RM
2 Fahnen mit Stangen:                                                    76,– RM 
Führerbüste mit Podest:                                                67,– RM

Ferner hatte man bei dem Bildhauer W. Schmieg in Düsseldorf einen in Kupfer getriebenen HJ-Adler für 380,– RM geordert. Die Finanzierung stellt sich wie folgt dar: ein Drittel zahlte das Landesjugend­amt der Rheinprovinz, ein weiteres Drittel der Kreis Kempen-Krefeld und den Rest das Amt. Das Amt gab auch das Baugrundstück im Wert von 6.000 RM. Der Wunsch des Amtes nach einer Heimleiterwohnung ließ sich leider nicht durchsetzen, obschon man sich genau an die „Richtlinien für die Heimbe­schaffung der NSDAP Hitler-Jugend, Gebiet 10 Ruhr-Niederrhein“ in Düsseldorf hielt.

Eine pompöse Feier wird zur Einweihung am 23.10.38 organisiert. Die HJ erscheint mit dem Musikzug des Bannes 56. mit dem Fanfarenzug Uerdingen und allen Würdenträgern. Nach Fanfarenruf, Trommelwirbel, Musik, Lied und Wort des Führers hält Amtsbürgermeister van Beek eine Rede, ganz im Sinne der Parteigewaltigen, die noch in den Akten erhalten ist. Dann gibt es pathe­tische Sprüche der HJ-Führer, Lieder, Flaggenhissung und zum Schluß die „Lieder der Deutschen“. Die Anzahl der Jugendlichen wird von der Amtsverwaltung mit 820 angege­ben. Genutzt wurde das HJ-Helm Im Sinne der Partei nur etwas über sechs Jahre. Dann war das Tausendjährige Reich zu Ende. 

Der katholische Kindergarten

Schon kurze Zeit nach dem Zusammenbruch übertrug das Amt das Gebäude der Kath. Pfarrgemeinde St. Stephanus für den Betrieb eines Kindergartens. Die beiden Räume im Oberge­schoß wurden von 1947 bis 1954 von der Kath. Volksschule als Klassenräume genutzt. Später wurde der Kindergarten  ausgebaut. Er erhielt drei Grup­penräume in vorgeschriebener Größe mit zugeordneten Toiletten und den entsprechenden Nebenräumen. Vielleicht muß man dann erst Heimatge­schichte studiert haben, wenn man etwas über die Baugeschichte des Hauses wissen will.

Übrigens wurde nur eine Woche vor der Einweihung des Lanker HJ-Heimes auch in Büderich ein solches Heim eingeweiht, das allerdings wesentlich größer war. Es steht am Dr. Franz-Schütz-Platz und wird heute von der Stadt­verwaltung genutzt. Die Gebäude sollten nach dem Willen der HJ die landschaftliche Verbundenheit ausdrücken, einfach, schlicht und schön sein und den „bodenständigen“ Menschen ansprechen. 

vom HJ-Heim zum Kindergarten
Unser Titelbild zeigt das HJ-Heim kurz nach seiner Errichtung (1937)

Externe Informationen zum Thema "Vom HJ-Heim zum Kindergarten"

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